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Anhängerversicherung

Anhängerhaftung teilweise neu geregelt

Neben der mit einigem Getöse verbundenen Änderung der Straßenverkehrsordnung StVO (Stichwort: Verschärfte Fahrverbote bei Geschwindigkeitsverstößen, Formfehler) wurde mit Wirkung zum 14.07.2020 auch eine Änderung im Straßenverkehrsgesetz vorgenommen.

Ein Aspekt der Anhängerhaftung wurde neu geregelt. Damit korrigiert der Gesetzgeber ein von ihm unerwünschtes Ergebnis einer früheren Änderung des StVG.

Es gab Fälle, bei denen das Unfallopfer leer ausging

Der Hintergrund: Früher war klar geregelt, dass bei einem von einem Zugfahrzeug-Anhängergespann verursachten Schaden nur der Halter und damit der Versicherer des Zugfahrzeugs in der Haftung war. Das führte in seltenen Fällen zu einer Schutzlücke. Wenn nämlich nur das Kennzeichen des unfallbeteiligten Anhängers bekannt war (Beispiel: Fehler beim Spurwechsel auf der Autobahn, der von hinten Kommende zieht es vor, in die Leitplanke auszuweichen statt unter den Anhänger zu fahren) und der Halter des Anhängers dreist behauptete, nicht zu wissen, wer den Anhänger zum Unfallzeitpunkt gezogen hat, ging das Unfallopfer leer aus.

Also wurde vor einigen Jahren geregelt, dass auch der Halter des Anhängers im Außenverhältnis haftet. Ab da war es für das Unfallopfer gleichgültig, wer das Zugfahrzeug war. Es kann seither also der komplette Schadenersatz vom Anhängerhalter gefordert werden. Das gilt nicht nur für Fälle des unbekannten Zugfahrzeughalters. Der Geschädigte hat die Wahl, an wen er sich wendet. Das hat auch Vorteile, wenn der in Deutschland zugelassene Anhänger von einem Zugfahrzeug aus dem Ausland gezogen wurde. Statt die Komplikationen der internationalen Schadenregulierung auf sich zu nehmen, kann mit einem deutschen Versicherer reguliert werden.

Im Außenverhältnis bleibt das alles so

Diese Verbesserungen bleiben im Außenverhältnis vom Anhängerhalter und Anhängerversicherer zum Unfallopfer bestehen. Für das Unfallopfer ändert sich also durch die aktuelle StVG-Änderung nichts.

Im Innenverhältnis wird der Anhängerversicherer entlastet

Durch die damals eingeführte Haftung des Anhängerhalters kam es aufgrund der darauf basierenden Rechtsprechung des BGH zu Veränderungen im Innenverhältnis zwischen den Versicherern des Zugfahrzeugs und des Anhängers, wenn es sich dabei – wie sehr häufig – um zwei verschiedene Gesellschaften handelt.

Mag der private oder auch der gewerbliche Anhängerhalter den Anhänger regelmäßig beim gleichen Versicherer untergebracht haben wie sein Zugfahrzeug, ist es doch oft so, dass Anhänger von anderen benutzt werden.

Vorneweg sind da die Anhängervermieter zu nennen. Auch in der Landwirtschaft hilft man sich regelmäßig wechselseitig aus. Der Wohnwagen, dessen Halter der Opa ist, der aber auch von der jüngeren Generation benutzt wird. Der Anhänger für Gartenabfälle oder den Einkauf im Baumarkt, der in der Nachbarschaft die Runde macht. Alles das sind Fälle des Alltags.

Schadenteilung im Innenverhältnis

Der BGH kam zu dem durchaus richtigen, aber vom Gesetzgeber nicht vorab erkannten Schluss, dass beim Unfall mit dem Gespann eine Doppelversicherung vorliegt, weil jeder der Versicherer im Außenverhältnis den Schaden übernehmen muss, je nachdem, an welchen der Versicherer sich der Geschädigte wendet. Also hat er geurteilt, dass die Versicherer den Schaden im Innenverhältnis untereinander je zur Hälfte tragen müssen, ganz unabhängig davon, ob der Anhänger Einfluss auf den Unfallhergang hatte.

Die preiswerte Anhängerversicherung wurde folglich von der Zugfahrzeugversicherung mit der Hälfte der Gesamtkosten des Unfalls belastet. Damit explodierten dort die Kosten.

Richtig bitter waren (und werden in Ausschnitten noch immer sein) die Fälle, bei denen der Anhänger nicht versicherungspflichtig und auch nicht versichert ist. Das betrifft vor allem Sportgeräteanhänger. Die sind ja (Stichwort Pferdetransportanhänger, Bootstransportanhänger) nicht unbedingt klein und handlich, sondern manchmal aufgrund von Dimension und Gewicht recht üppig. Wenn der Zugfahrzeugversicherer beim Halter des Anhängers Regress nimmt und hinter dem Anhänger keine Versicherung steht, ist der Halter persönlich in der Pflicht und schlimmstenfalls ruiniert.

Der Ratschlag an Ihre Kunden war und ist weiterhin: Versichern Sie den Anhänger auch dann, wenn er nicht versicherungspflichtig ist!

Aktuelle Änderung des StVG

Mit der aktuellen Änderung im StVG ist das Innenverhältnis der beiden Versicherer untereinander neu geregelt: § 19 StVG besagt nun, dass der Anhängerversicherer im Verhältnis der Versicherer untereinander den Schaden nur dann teilweise mittragen muss, wenn sich der Anhänger gefahrerhöhend ausgewirkt hat, was beim bloßen Ziehen nicht der Fall sei.

Das Unfallopfer muss das im Außenverhältnis alles nichts angehen. Doch es werden neue Streitigkeiten der Versicherer untereinander entstehen: Wann hat sich der Anhänger gefahrerhöhend ausgewirkt? Es gibt Unfälle, die sich ereignen, weil der Anhänger breiter ist, als das Zugfahrzeug. Legendär ist auch der beim zu engen Abbiegen irgendetwas streifende Anhänger. Ist das dann nur ein Fahrfehler im Zugfahrzeug oder hat sich der Anhänger – wofür vieles spricht – gefahrerhöhend ausgewirkt? Was ist, wenn der Bremsweg durch dessen angegammelte und nicht mehr voll wirksame Auflaufbremse nennenswert verlängert wird und es zum Auffahrunfall kommt? Auf den ersten Blick ist das nur ein Problem der Versicherer untereinander. Auf den zweiten Blick kann es auch den Anhängerhalter selbst treffen, nämlich dann, wenn der Anhänger nicht versicherungspflichtig und nicht versichert ist.

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